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Die Leute von Seldwyla II

Auch im zweiten Band seines Novvelenzyklus' widmet sich Keller wieder hingebungsvoll der Schilderung der Leute von Seldwyla. In "Kleider machen Leute" findet der schlesische Schneidergeselle Wenzel Strapinski nicht nur die Liebe, sondern auch berufliches Glück, während der "Schmied seines Glückes" sich durch seine Gier selbst ein Bein stellt. In "Die mißbrauchten Liebesbriefe" sorgt Gritli für Verwirrung und Gelächter, findet jedoch den Richtigen, genauso wie der schon zum tode verurteilte "Dietegen" nach vielen Kämpfen seine Liebe für sich gewinnen kann. Auch die letzte Geschichte findet nach vielen Streieterein ein versöhnliches Ende und Jukundus und Justine finden ihr "verlorenes Lachen" wieder. Unterhaltsam und mit viel Humor entführt auch dieser Band den Leser ins fiktive, und doch so reale Seldwyla.

Autor: Gottfried Keller
Illustration:
ca. 304 Seiten

Ab 26.95 EUR inkl. 7% MWSt
zzgl. Versandkosten

(Kursiv:wird durch Ihre Angaben ersetzt)

Abriss

Der zweite Teile des Novellenzyklus, erschienen 1875, umfasst folgende Erzählungen: Kleider machen Leute Der Schmied seines Glückes Die mißbrauchten Liebesbriefe Dietegen Das verlorene Lachen

Epoche

Mittelalter 19. Jahrhundert

Schauplatz

Die fiktive Schweizerstadt Seldwyla
(Kursiv:wird durch Ihre Angaben ersetzt)

Leseprobe

Seit die erste Hälfte dieser Erzählungen erschienen, streiten sich etwa sieben Städte im Schweizerlande darum, welche unter ihnen mit Seldwyla gemeint sei; und da nach alter Erfahrung der eitle Mensch lieber für schlimm, glücklich und kurzweilig als für brav, aber unbeholfen und einfältig gelten will, so hat jede dieser Städte dem Verfasser ihr Ehrenbürgerrecht angeboten für den Fall, daß er sich für sie erkläre.
Weil er aber schon eine Heimat besitzt, die hinter keinem jener ehrgeizigen Gemeinwesen zurücksteht, so suchte er sie dadurch zu beschwichtigen, daß er ihnen vorgab, es rage in jeder Stadt und in jedem Tale der Schweiz ein Türmchen von Seldwyla und diese Ortschaft sei mithin als eine Zusammenstellung solcher Türmchen, als eine ideale Stadt zu betrachten, welche nur auf den Bergnebel gemalt sei und mit ihm weiterziehen bald über diesen, bald über jenen Gau, und vielleicht da oder dort über die Grenze des lieben Vaterlandes, über den alten Rheinstrom hinaus.
Während aber einige der Städte hartnäckig fortfahren, sich ihres Homers schon bei dessen Lebzeiten versichern zu wollen, hat sich mit dem wirklichen Seldwyla eine solche Veränderung zugetragen, daß sich sein sonst durch Jahrhunderte gleich gebliebener Charakter in weniger als zehn Jahren geändert hat und sich ganz in sein Gegenteil zu verwandeln droht.
Oder, wahrer gesagt, hat sich das allgemeine Leben so gestaltet, daß die besonderen Fähigkeiten und Nücken der wackeren Seldwyler sich herrlicher darin entwickeln können, ein günstiges Fahrwasser, ein dankbares Ackerfeld daran haben, auf welchem gerade sie Meister sind, und dadurch zu gelungenen, beruhigten Leuten werden, die sich nicht mehr von der braven übrigen Welt unterscheiden.
Es ist insonderlich die überall verbreitete Spekulationsbetätigung in bekannten und unbekannten Werten, welche den Seldwylern ein Feld eröffnet hat, das für sie wie seit Urbeginn geschaffen schien und sie mit einem Schlage Tausenden von ernsthaften Geschäftsleuten gleichstellte.
Das gesellschaftliche Besprechen dieser Werte, das Herumspazieren zum Auftrieb eines Geschäftes, mit welchem keine weitere Arbeit verbunden ist als das Erdulden mannigfacher Aufregung, das Eröffnen oder Absenden von Depeschen und hundert ähnliche Dinge, die den Tag ausfüllen, sind so recht ihre Sache. Jeder Seldwyler ist nun ein geborener Agent oder dergleichen, und sie wandern als solche förmlich aus, wie die Engadiner Zuckerbäcker, die Tessiner Gipsarbeiter und die savoyischen Kaminfeger.
Statt der ehemaligen dicken Brieftasche mit zerknitterten Schuldscheinen und Bagatellwechseln führen sie nun elegante kleine Notizbücher, in welchen die Aufträge in Aktien, Obligationen, Baumwolle oder Seide kurz notiert werden. Wo irgendeine Unternehmung sich auftut, sind einige von ihnen bei der Hand, flattern wie die Sperlinge um die Sache herum und helfen sie ausbreiten. Gelingt es einem, für sich selbst einen Gewinn zu erhaschen, so steuert er stracks damit seitwärts, wie der Karpfen mit dem Regenwurm, und taucht vergnügt an einem andern Lockort wieder auf.
Immer sind sie in Bewegung und kommen mit aller Welt in Berührung. Sie spielen mit den angesehensten Geschäftsmännern Karten und verstehen es vortrefflich, zwischen dem Ausspielen schnelle Antworten auf Geschäftsfragen zu geben oder ein bedeutsames Schweigen zu beobachten. Dabei sind sie jedoch bereits einsilbiger und trockener geworden; sie lachen weniger als früher und finden fast keine Zeit mehr, auf Schwänke und Lustbarkeiten zu sinnen.
Schon sammelt sich da und dort einiges Vermögen an, welches bei eintretenden Handelskrisen zwar zittert wie Espenlaub oder sich sogar still wieder auseinander begibt, wie eine ungesetzliche Versammlung, wenn die Polizei kommt.
Aber statt der früheren plebejisch-gemütlichen Konkurse und Verlumpungen, die sie untereinander abspielten, gibt es jetzt vornehme Akkommodements mit stattlichen auswärtigen Gläubigern, anständig besprochene Schicksalswendungen, welche annäherungsweise wie etwas Rechtes aussehen, sodann Wiederaufrichtungen, und nur selten muß noch einer vom Schauplatze abtreten.
Von der Politik sind sie beinahe ganz abgekommen, da sie glauben, sie führe immer zum Kriegswesen; als angehende Besitzlustige fürchten und hassen sie aber alle Kriegsmöglichkeiten wie den baren Teufel, während sie sonst hinter ihren Bierkrügen mit der ganzen alten Pentarchie zumal Krieg führten. So sind sie, ehemals die eifrigsten Kannegießer, dahin gelangt, sich ängstlich vor jedem Urteil in politischen Dingen zu hüten, um ja kein Geschäft, bewußt oder unbewußt, auf ein solches zu stützen, da sie das blinde Vertrauen auf den Zufall für solider halten.
Aber eben durch alles das verändert sich das Wesen der Seldwyler; sie sehen, wie gesagt, schon aus wie andere Leute; es ereignet sich nichts mehr unter ihnen, was der beschaulichen Aufzeichnung würdig wäre, und es ist daher an der Zeit, in ihrer Vergangenheit und den guten lustigen Tagen der Stadt noch eine kleine Nachernte zu halten, welcher Tätigkeit die nachfolgenden weiteren fünf Erzählungen ihr Dasein verdanken.

Gottfried Keller

Gottfried Keller wurde am 19.7.1819 in Zürich geboren. Sein Vater war Drechsler. Nach dem frühen Tod des Vaters (1824) besuchte er bis 1834 verschiedene Schulen. Einen Studienaufenthalt in München - mit dem Ziel, Maler zu werden - brach er ab und begann seine literarischen Studien. Seine erste Gedichtsammlung (1846) verhalf ihm zu einem Stipendium in Zürich. 1848-1850 studierte Keller in Heidelberg Geschichte, Philosophie und Literatur. 1850-1855 lebte er in Berlin und danach wieder in Zürich als freier Schriftsteller. Von 1861 bis 1876 war er Erster Staatsschreiber des Kantons Zürich, danach widmete er sich nur noch seinen literarischen Arbeiten. Keller starb am 16.7.1890 in Zürich.


Eine Auswahl an Werken:

1846 Gedichte 1851 Neuere Gedichte 1854/55 Der grüne Heinrich 1856 Die Leute von Seldwyla 1872 Sieben Legenden 1876 Romeo und Julia auf dem Dorfe 1878 Züricher Novellen 1886 Martin Salander

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